Digital-Health-Index
Was ist der „Digital-Health-Index“ und an welchem Platz des internationalen Rankings landet Österreich?
„Smart Health Systems – Digitalisierungsstrategien im internationalen Vergleich“, diese umfangreiche Vergleichsstudie wurde im Auftrag der Bertelsmann Stiftung von der Bonner Forschungsgesellschaft „empirica Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung“ durchgeführt. 17 Länder und deren Digitalisierungsgrade im Gesundheitswesen wurden untereinander verglichen.
Die Studie “Smart Health Systems”
Das Ziel der Studie war eine ländervergleichende Erhebung und Evaluation von Stand, Nutzungsintensität und zentralen Erfolgskriterien für effektive Digitalisierungsstrategien. Hierzu wurden zwei Teilstudien durchgeführt.
Internationales Benchmarking und Digital-Health-Index
Die erste Studie entwickelte einen neuartigen Digital-Health-Index. In die Analyse und Bewertung waren Österreich, Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Italien, die Niederlande, England (NHS), Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, Australien, Kanada und Israel eingebunden. Mittels eines ExpertInnennetzwerks aus den 17 Ländern wurden Daten erhoben. Vor Ort ansässige KorrespondentInnen beantworteten Fragenkataloge von mehr als 150 Fragen zu den 34 Einzelindikatoren. Zusätzlich wurden quantitative und qualitative Daten recherchiert, welche von europäischen und nationalen ExpertInnen auf deren Qualität validiert wurden. Als Grundlage des Digital-Health-Index wurden 34 Indikatoren definiert, welche sich in drei Themenbereiche gliedern:
- „Policy-Aktivität“: das politische und strategische Vorgehen der Länder, der gegebene Rechtsrahmen und die institutionelle Verankerung sowie deren Zuständigkeiten
- „Digital-Health-Readiness“: die technische Implementierung und der digitale Reifegrad
- „tatsächliche Datennutzung“: der vernetzte Austausch von Gesundheitsdaten
Erfolgskriterien und Nutzungsgrade digitaler Anwendungen
In der zweiten Studie wurden fünf dieser Länder im Detail verglichen: Dänemark, Frankreich, Israel, die Niederlande und die Schweiz. Hierzu wurden die Länder bereist und Interviews mit RepräsentantInnen nationaler Digital-Health-Behörden geführt. Dieser Studienteil sollte politische Handlungen sowie Rahmenbedingungen genauer untersuchen und zentrale Erfolgsfaktoren sowie Barrieren für die Digitalisierung im Gesundheitswesen identifizieren.
Die Erfolgskriterien wurden bewertet und konnten zur Transferanalyse in Bezug zu anderen Ländern und Gesundheitssystemen gesetzt werden. Die festgestellten Ergebnisse können Impulse für die Weiterentwicklung der Digitalisierung im Gesundheitswesen des jeweiligen Landes geben.
Woraus besteht der Digital-Health-Index?
Um Benchmarking zu betreiben, müssen geeignete Messinstrumentarien zur Verfügung stehen. Mit diesen können System-Indikatoren zusammengefasst werden, um beispielsweise Vorbedingungen, Aufwand, Ergebnisse und Impact zu messen.
Das Benchmarking dieser Studie erfolgte durch die Entwicklung und Nutzung von Indizes oder sogenannten Komposit-Indikatoren. Der Digital-Health-Index und seine Sub-Indizes ordnen die erhobenen Daten in wenig thematisch gegliederten Maßzahlen zusammen und erleichtern die Kommunikation der komplexen Einzelergebnisse.
Komposit-Indikatoren kombinieren über mathematische Operationen die Werte von einzelnen Indikatoren zu einem Indexwert.
Aufbau und Berechnung des Digital-Health-Index
Der Digital-Health-Index wird als Komposit-Indikator aus drei gleichwertigen Sub-Indizes konstruiert. Die Indikatoren bestehen aus einer oder mehreren Survey-Fragen. Die Punkte jeder Antwort wurden addiert, durch die Anzahl der Fragen pro Block dividiert, um den Wert anschließend mit 100 zu multiplizieren. Das Ergebnis sind die Prozentwerte der jeweiligen Indikatoren.
Ländervergleich der Studie
Aufgrund des Digital-Health-Index der einzelnen Länder ergab sich folgendes Ranking:
Die folgende Abbildung zeigt einen Überblick der Länder, welche es auf die ersten fünf Plätze geschafft haben:
Österreichs Ergebnisse des Digital-Health-Index
2005 wurde in Österreich mit der E-Card eine wesentliche Voraussetzung für die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) geschaffen, welche 2012 beschlossen wurde. Weitere Fortschritte konnte Österreich im Bereich der Telemedizin verzeichnen. 2013 wurde hierzu die „Telegesundheitsdienste-Kommission“ (TGDK) eingerichtet. Hauptaufgabe ist es, Empfehlungen konkreter telemedizinischer Dienste in der Regelversorgung in Österreich zu erstellen. Im Abschlussbericht standen vor allem Anwendungsbereiche zur Versorgung chronisch Kranker im Fokus. Neben diesen Empfehlungen ist die IT-Architektur ein wesentliches Produkt, da auf dieser Grundlage sämtliche künftige Aktivitäten fungieren.
Policy-Aktivität und Strategie
Zu den Digital-Health-Strategien gehören u.a. die Arbeiten an der ELGA und am Gesundheitsinformationsportal (gesundheit.gv.at) sowie Aufklärungskampagnen. Einen Nachfolger der „e-Health Strategie“ von 2007 gibt es jedoch bisher nicht.
Die ELGA-Initiative umfasst eine Reihe weiterer Pläne, deren Einführungspläne gesetzlich vorgegeben sind. So wurde die e-Medikation für 2018 geplant, ab 2019 sollten e-Impfpass, e-Zuweisung, e-Überweisung, e-Verordnung und e-Rezept folgen.
Technische Implementierung und Readiness
Der zentrale PatientInnenindex und der Gesundheitsdiensteanbieter-Index identifizieren und authentifizieren PatientInnen bei Verwendung der E-Card, als auch den anschließenden Zugriff. Eine Zugriffsprotokollierung ist vorhanden und PatientInnen können selbst entscheiden, welche Inhalte sichtbar sein sollen. Die ELGA ist kein zentraler Speicherort, sondern ruft die Inhalte aus den IT-Systemen der Krankenhäuser oder Ärztepraxen ab und visualisiert diese online. Spezielle Verschlüsselungsalgorithmen und De-Identifikationsmethoden wurden entwickelt, um das System vor Datenmissbrauch zu schützen. Ebenso wurden internationale Standards aus der Medizininformatik und Richtlinien auf klinische Klassifikationen und Terminologien implementiert.
Bereits vor Einführung der ELGA wurden von der ELGA GmbH verschiedene Dokumententypen technisch und semantisch standardisiert. Ebenso wurden Leitfäden entwickelt, um den Informationsfluss von vorhandenen Informationssystemen zu gewährleisten und LOINC wurde als Codierungsleitfaden definiert.
Mobile Gesundheitsapplikationen gab es bis Studienende nicht, die ELGA kann jedoch über den Browser eines mobilen Endgeräts aufgerufen werden.
Tatsächliche Nutzung von Daten
2018 waren ausschließlich Krankenhäuser und Apotheken zu 100% an ELGA angeschlossen aber noch keine niedergelassenen MedizinerInnen oder FachärztInnen. Da ELGA ein Opt-out-System ist, muss nicht jede Akte Daten enthalten. Auch der Dienst der e-Rezepte musste erst entwickelt werden.
Die Krankenhäuser tauschten zum damaligen Zeitpunkt weniger als 25% der Daten aus. Datenaustausch zu Forschungszwecken ist nur unter expliziter Einwilligung der Betroffenen möglich. Der technische Aufbau der ELGA erlaubt den Export als Datensatz, jedoch müssen die Berichte und Befunde in der ELGA abgelegt werden, eine automatische Übertragung findet nicht statt.
Der nationale Rollout wird noch Jahre benötigen. Ebenso hielt sich das Wissen um das Gesundheitsinformationsportal innerhalb der Bevölkerung in Grenzen.
Die nachfolgenden Grafiken zeigen eine Übersicht der digitalen Anwendungen in Österreich sowie das Digitalisierungsprofil:
Quelle:
Thiel, R. et al. (2018). Smart Health Systems: Digitalisierungsvergleich im internationalen Vergleich. Bertelsmann Stiftung. Online im WWW: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/der-digitale-patient/projektthemen/smarthealthsystems/digital-health-index (letzter Zugriff: 21.12.2021)
2 Kommentare
Sehr interessant; mich würden die Ergebnisse für 2021 im Ländervergleich interessieren – in Österreich hat sich ja nicht zuletzt durch die Pandemie einiges getan, eMedikation, eRezept (2022) und eImpfpass sind ja mittlerweile ausgerollt.
Hi Christoph!
Das stimmt, mittlerweile hat sich einiges getan. Leider konnte ich bei meinen Recherchen keinen aktuelleren Ländervergleich oder Digital-Health-Index finden.
lg v