Ermittlung der Sturzrisikofaktoren
Die Sturzprophylaxe in der Pflege und die damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen sind im A. ö. Krankenhaus des Deutschen Ordens Friesach ein essenzieller Teil der pflegerischen Kernkompetenz.
Die zu betreuenden Personen werden älter. Ebenso ist eine Zunahme von Personen mit dementieller Erkrankung zu bemerken. Diese besonderen Herausforderungen dürfen deshalb in der Sturzprävention nicht außer Acht gelassen werden.
Use Case
In der Vergangenheit wurde das im NCaSol der Firma Care Solutions integrierte Assessmentinstrument „Morse“ zur Einschätzung des Sturzrisikos verwendet. Da von ExpertInnen aus der Literatur die Anwendung von bestimmten Assessmentinstrumenten nicht empfohlen wird, wurde die Entscheidung getroffen, das Augenmerk auf die Ermittlung von Sturzrisikofaktoren zu legen und künftig eine Checkliste zur Erhebung und Dokumentation von Sturzrisikofaktoren anstatt des Assessmentinstrumentes zu nutzen.
Mit dieser Absicht wurde nach einer Checkliste gesucht, mit welcher die MitarbeiterInnen der Pflege einfach und schnell die Sturzrisikofaktoren ermitteln sowie schriftlich dokumentieren können. Diese soll natürlich auch in die bestehende digitale Pflegedokumentation integriert werden. Es konnten viele Beispiele in Papierform gefunden werden, wie so eine Checkliste inhaltlich aufgebaut sein könnte, aber keine entsprach unseren Vorstellungen.
Umsetzung
Da keine digitale Checkliste in der gewünschten Form zur Verfügung stand, wurde eine eigene Checkliste erstellt und diese in digitaler Form im bestehenden Pflegedokumentationssystem integriert. In dieser Checkliste werden die Umstände für ein Sturzrisiko hinsichtlich der personenbezogenen, medikamentenbezogenen und umgebungsbezogenen Faktoren erhoben und dokumentiert.
Wichtig war es, dass explizit vorliegende Beeinträchtigungen des Denkvermögens, der Bewegung und der Sinneswahrnehmungen abgefragt werden.
Schlussendlich gibt die Pflegefachkraft am Ende ihre klinische Einschätzung ab, ob gegenüber dem alltäglichen Risiko ein erhöhtes Sturzrisiko vorliegt.
Die Checkliste zur Ermittlung der Risikofaktoren wird im Rahmen der Pflegeanamnese durchgeführt und kann auch direkt an dieser Stelle über einen Button aufgerufen und ausgefüllt werden. Es ist nicht nötig, den Schirm der Pflegeanamnese vorerst schließen zu müssen. Thematisch ist diese Abfrage ein Teil der Kategorie Sicherheit platziert. Auch die Maßnahmen zur Unterstützung der individuellen Sicherheit können hier dokumentiert werden.
Rasche und übersichtliche Darstellung relevanter Informationen
Am Stationsmonitor der Pflege wurde ein Reiter angelegt. Durch die Einfärbung dieses Reiters ist für jeden ersichtlich, ob die Checkliste bereits ausgefüllt wurde. Direkt über den Reiter selbst kann die Checkliste bzw. die Dokumentationsebene mit Doppelklick aufgerufen werden.
Verknüpfung der Informationen innerhalb des Dokumentationssystems von fachlich relevanten Zusammenhängen
Die Ja-Antworten der Abfrage „Sturzangst oder mind. 1 Sturz in der Vergangenheit“ und ob ein „erhöhtes Sturzrisiko gegenüber dem Alltag“ besteht, lösen den Vorschlag aus, die Pflegediagnose „Sturz, hohes Risiko“ in die Pflegeplanung zu übernehmen. Sollte es trotz allem zu einem Sturzereignis kommen, so sind diese beiden Abfragen auch Teil des Sturzprotokolls und die Antworten dieser Abfragen werden automatisch in dieses übernommen.
Praktischer Nutzen
Durch die Einbindung in die digitale Pflegedokumentation kann die Checkliste von allen Bereichen und Berufsgruppen eingesehen werden, um die Informationen in der Checkliste ggf. für die Organisation der weiteren Betreuung / Versorgung nach der Entlassung berücksichtigen zu können. Der Aufruf bzw. Einstieg selbst ist über mehrere Möglichkeiten, wie z.B. direkt in der Pflegeanamnese über einen Button oder als zusätzlicher Reiter auf der Fieberkurvenebene, gegeben. Somit kann von fast allen Ebenen der digitalen Dokumentation die Checkliste zumindest eingesehen werden.
Die Ermittlung der Risikofaktoren wird bei jeder stationären Aufnahme und bei Veränderung der Pflegeabhängigkeit durchgeführt. Im Bereich der Akutgeriatrie / Remobilisation werden die Informationen aus der Checkliste von den ÄrztInnen hinsichtlich des Sturzrisikos explizit im Entlassungsbrief angeführt.
Die Aufsplittung der medikamentösen Faktoren in drei Abfragen macht die MitarbeiterInnen bewusst auf die beeinflussende Medikation aufmerksam und veranlasst ggf. dazu die Medikation im Zuge der Kurvenvisite mit den MedizinerInnen zu hinterfragen.
Mit der Frage hinsichtlich der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen werden die eingesetzten Maßnahmen in Erinnerung gerufen und die MitarbeiterInnen werden dadurch veranlasst nochmals über die Notwendigkeit der Maßnahmen nachzudenken. Maßnahmen, wie beispielsweise das Bettseitengitter, werden oft als „Maßnahmen zur Sturzprävention“ eingesetzt. Der Alltag zeigt aber immer wieder, dass diese Maßnahmen gegenteilig wirken und das Sturzrisiko wesentlich erhöhen, da die PatientInnen oft über das Bettseitengitter steigen.
Erleichtert wird die Dokumentation in bestimmten Protokollen wie dem Sturzprotokoll. Durch die Übernahme des vor bestehenden Sturzrisikos und der Stürze in der Vergangenheit aus der Checkliste, sowie durch die Definition von Aktionen bei bestimmten Abfragen war es möglich, den Vorschlag für die Planung der Pflegediagnose „Sturz, hohes Risiko“ auszulösen. Dies hat zur Folge, dass im Zuge der Erstellung des Pflegeplanes auch dies berücksichtigt und individuell geplant werden kann.