Interoperabilität in der einrichtungsübergreifenden Vernetzung

von Viktoria Redl

Interoperabilität in der einrichtungsübergreifenden Vernetzung

Es gibt zahlreiche Anwendungen im Bereich e-Health und somit auch viele Anforderungen für eine vernetzte und einrichtungsübergreifende Versorgung. Für den Informationsaustausch und die Kooperation zwischen Gesundheitseinrichtungen können verschiedene Arten von Interoperabilität als Voraussetzung betrachtet werden.

 

Definition Interoperabilität

Interoperabilität ist die Fähigkeit von Anwendungssystemen, problemlos und korrekt zu kommunizieren. So können Informationen ausgetauscht und weiter genutzt werden. Dabei werden vier Ebenen der Interoperabilität unterschieden:

  • organisatorische Interoperabilität,
  • semantische Interoperabilität,
  • syntaktische Interoperabilität und
  • technische Interoperabilität.

Wie diese jeweils den Informationsaustausch unterstützen, wird im Folgenden erläutert.

 

Technische Interoperabilität

Die technische Interoperabilität beschreibt die Fähigkeit zweier oder mehrerer Anwendungssysteme, einen Zeichenstrom fehlerfrei auszutauschen. Innerhalb einer Einrichtung geschieht dies in der Regel über ein abgesichertes Netzwerk. Bei einer einrichtungsübergreifenden Kommunikation entstehen jedoch zusätzliche Herausforderungen, insbesondere in den Bereichen Datenschutz, Datensicherheit und Authentifizierung der Kommunikationspartner.

Im e-Health-Bereich erfolgt die Authentifizierung über entsprechende Identitätsprüfungen, während die Autorisierung sicherstellt, dass nur berechtigte Personen Zugriff auf die Daten erhalten. Beispiele für Authentifizierungsmechanismen sind Zertifikate und Single Sign-On-Lösungen.

 

Syntaktische Interoperabilität

Die syntaktische Interoperabilität beschreibt die Fähigkeit von Anwendungssystemen, sinnhafte Informationseinheiten in ausgetauschten Nachrichten fehlerfrei zu erkennen und zu extrahieren. Dies erfordert standardisierte Datenformate und Protokolle.

Wichtige Standards für die syntaktische Interoperabilität im Gesundheitswesen sind:

  • HL7 (Health Level 7): Entwickelt internationale Standards wie HL7 Version 2, HL7 Clinical Document Architecture (CDA) und HL7 FHIR (Fast Healthcare Interoperability Resources).
  • openEHR: Bietet eine Spezifikation für elektronische Gesundheitsakten, die die Wiederverwendbarkeit klinischer Daten sicherstellt.

Diese Standards sorgen dafür, dass Nachrichten zwischen verschiedenen Systemen einheitlich strukturiert sind und verstanden werden können.

 

Semantische Interoperabilität

Die semantische Interoperabilität beschreibt die Fähigkeit, Informationseinheiten aus einer Nachricht inhaltlich korrekt zu interpretieren. Dies geht über die syntaktische Ebene hinaus und stellt sicher, dass Daten nicht nur gelesen, sondern auch verstanden und sinnvoll genutzt werden können.

Unterstützt wird die semantische Interoperabilität durch:

  • HL7 CDA und HL7 FHIR: Diese Standards definieren die Struktur von Dokumenten und Informationen.
  • Klassifikationen und Terminologien: Sie sorgen für die einheitliche fachliche Zuordnung von Begriffen. Beispiele:
    • ICNP (International Classification for Nursing Practice),
    • NANDA-I (North American Nursing Diagnosis Association International),
    • SNOMED CT (Systematized Nomenclature of Medicine – Clinical Terms) und
    • LOINC (Logical Observation Identifiers Names and Codes).

Durch die Kombination von Standards und Terminologien wird sichergestellt, dass Informationen eindeutig und interoperabel interpretiert werden können.

 

Organisatorische Interoperabilität

Die organisatorische Interoperabilität beschreibt die Fähigkeit von Systemen, ihren Informationsaustausch effizient zu organisieren. Dies erfordert die Abstimmung von Prozessen zwischen verschiedenen Organisationen und Einrichtungen. Die Herausforderung liegt in der Koordination von Arbeitsabläufen, Verantwortlichkeiten und technischen Infrastrukturen.

Ein zentraler Ansatz zur Lösung dieser Herausforderungen ist die Initiative „Integration the Healthcare Enterprise“ (IHE). IHE definiert Standards für klinische Prozesse und erstellt Integrationsprofile, die konkrete Anwendungsfälle abdecken. Beispiele für relevante IHE-Profile:

  • XDS (Cross-Enterprise Document Sharing): Ein Standard für den sicheren Austausch von Dokumenten zwischen Einrichtungen, basierend auf ebXML (Electronic Business using XML).
  • MHD (Mobile Access to Health Documents): Ein Profil, das den Zugriff auf Dokumente von mobilen Endgeräten aus regelt.

Die organisatorische Interoperabilität ist entscheidend, um eine nahtlose und patientInnenorientierte Versorgung zu gewährleisten.

 

Fazit

Interoperabilität ist eine zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung von e-Health-Lösungen und eine einrichtungsübergreifende Vernetzung im Gesundheitswesen. Die vier Ebenen der Interoperabilität – technisch, syntaktisch, semantisch und organisatorisch – greifen ineinander, um eine effiziente, sichere und patientInnenzentrierte Versorgung zu ermöglichen.

Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Standards und deren Implementierung in der Praxis bleibt eine der wichtigsten Aufgaben im Bereich der Pflegeinformatik. Nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Pflege, IT und Management können die Potenziale digitaler Technologien voll ausgeschöpft werden.

 

Quelle:

Hübner, E. Ammenwerth, B. Sellemann (2023). Informationsverarbeitung in der Pflege. Digitalisierung verstehen, Versorgungskontinuität sichern. 1. Auflage. Kohlhammer Verlag. Stuttgart.

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