Was wir unter Pflegeinformatik verstehen
„Pflegeinformatik“ zu definieren ist gar nicht so einfach, denn es ist nicht nur die Digitalisierung des Pflegeprozesses in einer Gesundheitseinrichtung. Hinter dem modernen Schlagwort „Pflegeinformatik, (PI)“ oder auch „Nursing Informatics, (NI)“ steckt viel mehr.
Pflegeinformatik ist …
Pflegeinformatik ist eine Kombination aus der Logik der Pflege und Bereichen aus den Informations- sowie Kommunikationstechnologien. Fachpflegepersonen eignen sich Wissen aus der IT-Branche an, um den Pflegeprozess sowie alle weiteren täglichen Aufgaben in einem digitalen Dokumentationssystem im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung theoretischer wie wissenschaftlicher Standards in einer Software abzubilden. Das Dokumentationssystem muss in Anbetracht der Organisationsentwicklung und Fortschreiten der generellen Digitalisierung des Gesundheitssystems und wissenschaftlichen Entwicklungen laufend evaluiert und angepasst werden.
Pflegeinformatik vereint die Logik der Pflege
mit den Informationstechnologien und Analysewissenschaften im Gesundheitswesen.
Themenfelder der Pflegeinformatik
Anhand einer Gruppierung der Haupttätigkeiten, möchte ich versuchen, das breite Feld der Pflegeinformatik zu veranschaulichen und verständlicher zu machen.
Pflegeinformatik selbst ist ein Regelkreis, den ich mit folgenden Bereichen definieren möchte: „System“, „Anwendung“, „Praxis“, „Holistik“ und „Nutzen“.
Diese Bereiche beeinflussen sich gegenseitig. Erkenntnisse und Neuerungen eines Bereichs können Einflüsse sowie Anforderungen auf einen anderen Bereich haben.
System
„System“ kann auch als Faktor von Umfeld oder Umgebung verstanden werden. Unterschiedlichste Gesetze sowie die jeweilige Einrichtungsart und deren Versorgungsauftrag geben bereits relevante Systemfaktoren vor. Weitere Einflüsse können beispielsweise das Budget und Vorgaben des Managements sein.
Diese Dinge beeinflussen die Vorgaben der Pflegeinformatik bzw. müssen diese auch von den jeweiligen PflegeinformatikerInnen berücksichtigt werden.
Anwendung
Unter „Anwendung“ ist die Software zu verstehen. Soll ein digitales System in einer Einrichtung implementiert werden, so evaluieren PflegeinformatikerInnen Systeme von unterschiedlichen Anbietern. Hat das Haus eine Entscheidung getroffen, sind PflegeinformatikerInnen für die Implementierung und die Weiterentwicklung des Systems in der eigenen Einrichtung verantwortlich. Dies beinhaltet auch die Schulung von MitarbeiterInnen und das Leiten oder die Mitarbeit unterschiedlichster IT-Projekte.
Praxis
Pflegeinformatik behält auch immer die „Praxis“ im Auge. Die Software muss mit Inhalten, Gestaltung des Aufbaus und der notwendigen Funktionen sowie Usability zur jeweiligen Einrichtung und deren Fachbereiche passen. So wird der Pflegeprozess digitalisiert und der gesamte Dokumentationsablauf der Pflege in der Software implementiert. Bei der Umsetzung müssen alltägliche Routinen, organisatorische und hausinterne Prozesse und Standards, theoretische sowie gesetzliche Vorgaben berücksichtigt werden. Nicht zu vergessen, die Dokumentationsabläufe im System sollen für AnwenderInnen userfreundlich gestaltet sein.
Dies ist natürlich ein lebender Prozess. Nach der Implementierung folgen Optimierungen und Erweiterungen. Das kann beispielsweise nach Feedback der AnwenderInnen erfolgen oder Änderungen von hausinternen Prozessen sowie gesetzlichen Vorgaben zu Grunde liegen.
Holistik
Da die Pflege mit anderen Berufsgruppen zusammenarbeitet, ist auch die Pflegeinformatik bedacht „holistisch“ zu denken. Das Dokumentationssystem betrifft nicht nur die Dokumentation des Pflegeprozesses. Es ist vielmehr eine Digitalisierung einer Kranken-/Gesundheitsakte des zu Betreuenden in einer Einrichtung. Aber auch eine Informationsweitergabe sowie Anordnung von Tätigkeiten innerhalb einer oder zwischen Berufsgruppen und eine Unterstützung multiprofessioneller Prozesse. Die Pflegeinformatik schaut über den Tellerrand und hat eine ganzheitliche Betrachtung des zu Betreuenden innerhalb der Einrichtung sowie einrichtungsübergreifend.
Nutzen
Der „Nutzen“ oder auch der (Mehr)wert der Pflegeinformatik erstreckt sich ebenfalls über viele wichtige Aspekte. Mit den dokumentierten Informationen lassen sich viele Erkenntnisse gewinnen. Diese können zur hausinternen Bereicherung bis zur Unterstützung der Forschung in den Pflegewissenschaften beitragen. Durch Auswertungen kann erkannt werden, ob hausinterne Prozesse optimiert werden können, MitarbeiterInnenschulungen notwendig sind oder Aufschlüsse über die Pflegequalität und der PatientInnensicherheit geben. Somit ist Pflegeinformatik auch als Instrument für das Management und zur Steuerung der Organisationsentwicklung zu betrachten und unterstützt in der Entscheidungsfindung. Unterschiedlichste Auswertungen können aber auch Fragestellungen aus der Forschung dienlich sein. Ausreichend Zahlen und Benchmark-Möglichkeiten können die Weiterentwicklung der Pflegestandards und der professionellen Pflege vorantreiben.
Die Reise der Pflegeinformatik
Pflegeinformatik ist eine gemeinsame Reise und wir stehen erst am Anfang. Nach den ersten Einblicken können wir die weitreichende Landschaft der Pflegeinformatik nur erahnen. Ich bin sehr gespannt darauf, welche Erfahrungen, Herausforderungen und Erkenntnisse noch auf uns warten. Es gibt auf jeden Fall viel zu tun. Doch mit einem starken Willen, Kreativität und gemeinsamen Lernen können wir noch viele Zukunftsvisionen umsetzen und somit die Gesundheitsversorgung und die Pflegequalität verbessern.